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Die Welt nach Trump

Mit Biden beginnt eine neue Ära der Weltpolitik so viel ist klar, aber wohin führt sie? Auf jeden Fall werden die USA ihre Politik enger mit Europa und Deutschland abstimmen, aber auch mehr Unterstützung für weltweite Stabilitätsanstrengungen und für die Auseinandersetzung mit China verlangen. Dafür müssen sich Europa und Deutschland strukturell, finanziell und politisch vorbereiten. Absurde Hahnenkämpfe wie sie derzeit von Ungarn und Polen aufgeführt werden, passen da überhaupt nicht ins Bild. Manchmal könnte man am sogenannten Volkswillen verzweifeln, wie engstirnig und kurzfristig in manchen «nationalen» Kreisen gedacht wird.

Europa ist stark und schwach zugleich. Einerseits wollen alle Mitglieder von den unbestreitbaren Vorteilen einer Mitgliedschaft in einem so angesehenen «Club» profitieren, andererseits haben die wenigsten Regierungschefs den «Mumm» Solidarität auch dann zu zeigen, wenn es zuhause unpopulär wird.

Am schwierigsten wird sich die Situation China/USA/Europa entwickeln. Während die USA offenbar bereit sind, die wirtschaftlichen Interessen hinten an zu stellen, fällt es Deutschland und Europa schwer auf gute Geschäfte mit China zu verzichten, (nur) weil die Amerikaner «Solidarität» verlangen. Hier müssen mühsam Kompromisslinien gesucht und gefunden werden.

In Deutschland und Europa hat sich gezeigt, dass auch in der Krise die alte Erhardsche Soziale Marktwirtschaft immer noch das beste Instrumentarium bietet. Aus den USA können wir lernen, dass ein Staat, der sich weitgehend aus vielen strukturellen und sozialen Bereichen zurückzieht, seine Bürger praktisch im Stich lässt. Umgekehrt erdrückte ein zu stark (fürsorglich) eingreifender Staat wichtige private Initiativen. Die Mischung macht’s. Schwierig wird es, wenn, wie in China, von den Herrschenden wirtschaftlicher Erfolg mit nationaler Größe kombiniert wird. Offensichtlich ist dann vielen Bürgern die demokratisch-freiheitliche Ordnung nicht mehr so wichtig. Stößt die westliche Grundannahme, wonach Demokratie und Wohlstand einander bedingen, hier an ihre Grenzen? Die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Schließlich zeigt sich immer deutlicher, dass zwischen dem Islam als Religion und dem politisch-extremistischen Islam als Ausgangspunkt von Terror und Gewalt unterschieden werden muss. Religionsfreiheit gilt nur für den ersteren, der politische Islam muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden und zwar national, europaweit und global.

Und ein letztes:


Die rechtsradikalen Bewegungen in aller Welt behaupten ja immer im Interesse der eigenen Nation also patriotisch zu handeln. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass sie in der Praxis genau das Gegenteil bewirken: vor lauter Kurzzeitbetrachtung schaden sie (ungewollt) ihrer eigenen Nation! In den USA war die rechtsradikale Tea-Party innerhalb der Republikaner Ausgangspunkt der Präsidentschaft Trump mit seiner verheerenden Pandemie-Politik, die den Amerikanern mehr Tote als alle geführten Kriege beschert. In England treibt die rechtsradikale UKIP Partei den britischen Premier Johnson vor sich her und zwingt ihn zu einer Brexit Politik, die wirtschaftlich desaströs wirkt und die evtl. sogar zum Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs in seine Teile England, Schottland, Wales und Nordirland führt. Ist das patriotisch? In Polen und Ungarn sind die beiden rechtsradikalen Parteien wesentliche Mitverursacher der Veto-Haltung beider Regierungen im EU-Haushaltkonflikt. Das kann eine dauerhafte Isolierung dieser beiden Nationen innerhalb Europas bewirken, die zu einer schmerzlichen Reduzierung von europäischen Fördermitteln und zu einem Ansehensverlust mit ebenfalls negativen wirtschaftlichen Folgen führen kann. Es ist stets das gleiche Muster: wegen zu kurzfristig als national interpretierter Interessen schadet man mittel- und langfristig der eigenen Nation. So werden aus rechtsradikalen Nationalisten Verräter des eigenen Patriotismus‘.